Versammlung der Rheinprovinz

Ein Höhenpunkt der frühen Vereinsgeschichte ist die Generalversammlung des Rheinisch-Westfälischen Vereins für Bienen- und Seidenzucht, die vom 30. September – 02. Oktober 1894 in Grevenbroich stattfindet. Gefeiert werden soll im Rahmen dieser Versammlung ein Doppeljubiläum: das 25jährige Amtsjubiläum des Präsidenten Sternberg aus Velbert und das des Schriftführers van Brakel.

Überschattet wird die Versammlung, die in einigen Berichten als turbulent bezeichnet wird, von den Vorwehen einer eventuell bevorstehenden Neuwahl des Präsidenten. Sternberg kann aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Versammlung teilnehmen. Statt einer Würdigung seiner langjährigen Arbeit für den Verein gibt es harsche Kritik an seinem Führungsstil und an den Entwicklungen der letzten Jahre. 1888/89 ist es auf Initiative der westfälischen Imker zur Spaltung des Rheinisch-Westfälischen Vereins in einen rheinischen und einen westfälischen Verein gekommen. Im Jahr 1894 gibt es nun viele Vereinsmitglieder, die die Zeit seit 1888 als die sieben mageren Jahre der Verbandsgeschichte empfinden, als eine Art Winterschlaf, während man in beschaulicher Ruhe vom eigenen Fett lebt. Und die Hauptverantwortung wird, wie so oft im Verbandswesen, nicht dem eigenen Untätigsein, sondern dem Weisel, d.h. Sternberg zugeschrieben.

Einige Kritiker haben sich später, insbesondere nach dem Tod Sternbergs einige Wochen nach der Versammlung, für ihren Ton entschuldigt. Auf einer Sondersitzung des Vorstands im Dezember 1894 in Köln wird der junge, kaum bekannte Carl Schneider aus Mayen zum neuen Präsidenten gewählt. Die für viele überraschende Wahl Schneiders ist ein kühnes Husarenstück, bei dem Anton Schulzen nicht unbeteiligt war.

Auf der Generalversammlung werden von bedeutenden Züchtern Vorträge aus Theorie und Praxis der Bienen- und 1894 letztmalig auch der Seidenzucht gehalten. Die Teilnehmer erhalten nicht nur einen Einblick in die neuesten Erkenntnisse einer rationellen Bienenzucht. Es werden Freundschaften geschlossen und es wird auch viel diskutiert.

Bei einer zeitgleich durchgeführten viel gelobten Ausstellung gibt es alles rund um das Thema Bienen- und Seidenzucht zu sehen. Lebende Seidenraupen, ihre Kokons und deren Verarbeitung werden gezeigt, Bienenvölkern und Königinnen können in gläsernen Schaukästen beobachtet werden. Sämtliches Imkereizubehör und alle Produkte aus dem Bienenvolk werden ausgestellt. Neue und außergewöhnliche Produkte und Erfindungen werden mit Prämien, Diplomen und Ehrenpreisen ausgezeichnet.

Für Unterhaltung sorgen diverse Konzerte und eine große Verlosung.

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Seidenzucht in der Rheinprovinz

Neben der Imkerei haben auch einige Bienenzüchter aus dem Landkreis Grevenbroich Seidenzucht betrieben. So werden z.B. 1894 bei der Ausstellung im Rahmen der Generalversammlung in Grevenbroich D. Heymann aus Jüchen, Anton Schulzen aus Neurath und P. Pesch aus Grevenbroich für Kokons, gefärbte Seide und Flockseide mit Prämien bedacht.

Die Rheinprovinz wird nie zu einer Hochburg der Seidenherstellung, aber durch vielfältige Bemühungen erlangt dieses Gewerbe im 19. Jahrhundert eine bemerkenswerte Verbreitung. Auf Initiative der königlichen Regierung zu Koblenz werden ab 1830 an Landräte, Bürgermeister, Schulinspektoren, Pfarrer und Lehrer Anleitungen über die Gewinnung der Seidenkokons verschickt. Seidenzucht kann nur da betrieben werden, wo als Nahrung für die Seidenraupen genügend Maulbeerbäume vorhanden sind. Deshalb gibt es durch die Provinzregierung finanzielle Zuschüsse für den Ankauf von Maulbeerbäumen und die Gemeinden werden aufgefordert, Seidenzüchtern Gemeindland zum Anbau der Bäume zu schenken oder gegen eine geringe Pacht zu überlassen. Vor allem die Landschullehrer, die aufgrund ihrer meist sehr schlechten Bezahlung die Möglichkeit für einen einträglichen Nebenerwerb gerne wahrnehmen, fördern die Verbreitung der Seidenzucht.

Als im Jahr 1849 der Westfälisch-Rheinische Verein für Bienen- und Seidenzucht gründet wird, hat die Seidenzucht bereits einen deutlichen Aufschwung erlangt. Da es jedoch in vielen Gegenden der Rheinprovinz nach wie vor nicht genügend Maulbeerbäume für eine erfolgreiche Seidenzucht gibt, treibt der Verein durch die unentgeltliche Abgabe von Pflanzen und Samen die weitere Verbreitung voran. Schwierig ist für viele Züchter die Verarbeitung der Kokons, da die selbst abgehaspelte Seide oft von minderwertiger Qualität ist und nicht den erhofften Gewinn beim Weiterverkauf erzielt. Hier schafft der Verein durch die Einrichtung von Haspelanstalten z.B. in Engers, Bendorf und Hamm Abhilfe. Auch können die Züchter ihre Kokons zu einem festgesetzten Preis an den Verein verkaufen.

Die zunächst positiven Resultate flachen nach 1850 wieder ab. Durch immer stärker auftretende Krankheiten unter den Seidenraupen geben viele Züchter diesen Erwerbszweig frustriert auf. Nach und nach werden die Haspelanstalten geschlossen und Ende des 19. Jahrhunderts spielt die Seidengewinnung in der Rheinprovinz kaum noch eine Rolle.

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Einheitsglas aus Grevenbroich

Große Probleme gibt es um die Jahrhundertwende 1900 mit gepanschtem Honig und mit Kunsthonig. Fahrende Händler ziehen von Haus zu Haus und bieten preisgünstig mit Zucker gestreckten Honig an. Auch unter den Imkern selbst gibt es eine ganze Reihe schwarze Schafe.

Die Bezeichnung Honig ist nicht klar geregelt oder geschützt. Mit den damals bekannten wissenschaftlichen Methoden ist es schwierig, Honigverfälschungen nachzuweisen.

Die praktischste aller Fragen, wie Johannes Flohe es nennt, ist für die Imkerorganisationen damals somit der Honigschutz. Man fordert und setzt gesetzliche Regelungen und deren Kontrolle durch die Polizeibehörden durch. Berichte über Prozesse und Verurteilung ertappter Imker finden sich in jeder Bienenzeitung, in der Hoffnung auf ein abschreckendes Beispiel. Auch eine Aufklärung der Verbraucher durch die Imkervereine wird allseits angemahnt. Alles mit geringem Erfolg.

Schon auf der Generalversammlung 1892 formuliert Anton Schulzen in seinem Vortrag die Idee von der Verwendung eines Einheitsglases mit entsprechendem Etikett und Gewährsstreifen. Nur durch Schaffen einer solchen Marke mit der Möglichkeit einer Kontrolle durch die Ausgabe der nummerierten Etiketten an die Imker über die Vereine könne beim Verbraucher Vertrauen geschaffen und die Bereitschaft erhöht werden, einen angemessenen Preis für den Honig zu bezahlen. Imker, die verfälschten Honig in Einheitsgläsern verkaufen, drohen hohe Konventionalstrafen von 100 bis 1.000 Mark.

Bis Ende 1904 dauert es, ehe sich diese Idee durchsetzen und in die Praxis umgesetzt werden kann.
Die verwendeten Gläser werden in der damals in Wevelinghoven – später in Kapellen – ansässigen Niederrheinischen Glashüttengesellschaft mbH [1. Beitrage zur Geschichte der Stadt Grevenbroich, Band 15, Grevenbroich 2000, 1. Auflage, S. 163 ff.] hergestellt. Schon bei deren Entwicklung wird offensichtlich eng mit den Imkern zusammengearbeitet.

Die Gläser genießen einen sehr guten Ruf. In Stabilität, Temperaturbeständigkeit und Verarbeitung setzten sie Maßstäbe. Sie sind einheitlich gerade und glatt. Die Gewinde schließen stets exakt. Ihre Form mit dem weiten Hals gilt als innovativ, ansehnlich und praktisch.

Ihre einzigartige Qualität verdanken die Gläser einem neuen, vom Besitzer der Fabrik F.H. Becker entwickelten, patentierten Herstellungsverfahren. Gemäß einem Fachblatt der Glasindustrie darf er als wohl grundlegende Person für die deutsche Maschinengläserfabrikation betrachtet werden. Diesem Manne muss man das Verdienst der Vereinfachung und praktischen Anwendung der Maschinenglasproduktion (Weithalsgläser) zuschreiben. Alle Nachfolger, die Änderungen auf diesem Gebiet brachten, sind Benutzer der geistigen Idee von Hecker (..).

In vielen Bienenzeitungen und Imkerkalendern finden sich Anzeigen der Niederrheinischen Glashüttenfabrik sowie positive Rezensionen der von ihr hergestellten Gläser.

So finden die Grevenbroicher Honiggläser auch über die Rheinprovinz hinaus Anerkennung und Verbreitung.

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Johannes Hahn – Der Hofpoet

Schlägt man den Jahrgang 1895 der Rheinischen Bienenzeitung auf, stellt man – im Vergleich zu den vorhergehenden – eine Besonderheit fest: Fast jedes Heft bringt ein Gedicht des Lehrers Johannes Hahn. Geboren wird Hahn am 28. September 1856 in Hülchrath, ist ab 1881 Hauptlehrer in Gustorf und Gründungsmitglied des BZV Grevenbroich. Ab 1895 gehört er zum festen Mitarbeiterstab der Rheinischen Bienen-Zeitung unter dem neuen Redakteur Anton Schulzen. Die zahlreichen Gedichte, die er bis zu seinem frühen Tod im Juli 1912 schreibt und veröffentlicht, bringen ihm den Titel unser Hofpoet ein.

Mit Vorliebe verwendet Hahn die Form des Dialogs zwischen Bienenvater und Bienlein – wie er die Biene liebevoll nennt. Seine Gedichte sind Ausdruck einer ganz tiefen Zuneigung zu den Bienen. Man spürt, wie der Dichter die Tierchen hinauf heben möchte auf die Ebene des menschlichen Gesprächs. Und dennoch: Das fingierte Gespräch kann den Abstand zwischen Mensch und Tier nicht überbrücken; letztlich führt der Imker Selbstgespräche und bleibt am Bienenstand einsam.

Hahn hat aber nicht nur eine poetische Ader. Der in der Bevölkerung allseits geschätzte Hauptlehrer agitiert heftig gegen die ungerechte und ungleiche Bezahlung der Pädagogen in Gustorf und Gindorf.

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Bienenzüchter-Lehrbuch

Anton Schulzen veröffentlicht im Verlag Gödden/Alpen-Millingen sein Lehrbuch Der praktische Bienenzüchter.
Der praktische Bienenzuechter
Dieses Buch mit einem Umfang von 313 Seiten und mit 200 Abbildungen ist so erfolgreich, dass immer wieder neue Auflagen notwendig werden. Selbst heute noch finden die Ausführungen von Schulzen Beachtung. Ein Reprint seines Buches erscheint im Jahr 2010.

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